Eigentum an personenbezogenen Daten? Ein Denkanstoß von Herrn Prof. em. Dr. Dr. hc. Wolfgang Kilian im Rahmen der Vorlesung Informationsrecht

Prof. Kilian leitete von 1978 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2007 das von ihm gegründete Institut für Rechtsinformatik. Zwischen 1974 und 1991 war er als Präsident der Gesellschaft für Rechts- und Verwaltungsinformatik (GRVI) tätig, seit 1997 fungiert er zudem als  Präsident der Vereinigung europäischer Rechtsinformatikinstitute (FIRILITE).

Prof. Kilian leitete seine Thesen mit einem Hinweis auf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts ein, das 1983 das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung etablierte. Neben dem Staat gebe es heute viele Wirtschaftsunternehmen, die Daten erheben und vermarkten. Es seien elektronische Märkte entstanden, auf denen die personenbezogenen Daten als Güter gehandelt würden. Im Gegensatz zu Habermas‘ Zerfall der Öffentlichkeit müsse man heute von einem Zerfall der Privatheit sprechen, so Kilian. Für eine Privatadresse erhalte ein auf solch einem elektronischen Markt tätiges Unternehmen etwa sechs bis acht Dollar. Personenbezogene Daten seien so zur Ware geworden. Wem „gehören“ aber nun diese Daten?

Leider gebe es keine rechtliche Theorie über die vermögensbezogene Zuordnung an Daten. Klassisches Eigentum könne seit dem römischen Recht nur an körperlichen Gegenständen begründet werden. Möglicherweise, erläuterte Kilian, lasse sich jedoch ein neues eigentumsähnliches Recht an personenbezogenen Daten erkennen, das neben klassischem Eigentum und Immaterialgüterrechten bestehe. Da ein numerus clausus im Immaterialgüterrecht nicht existiere, bestehe die Möglichkeit, ein neues „digitales Persönlichkeitsrecht sui generis“ anzunehmen. Auf diese Weise bekomme der Inhaber dieses Rechts die effektive Möglichkeit, seine Daten von der Vermarktung auszuschließen. Jeder Anbieter der Daten müsse dann ein vertragliches Nutzungsrecht daran erwerben, um weiter damit handeln zu können.

Wir müssen uns fragen, welchen sozialen Wert Privatheit hat, erklärte Prof. Kilian. Wollen wir die Kommerzialisierung personenbezogener Daten begrenzen? Wollen wir Massenüberwachungen von Personen und Massenauswertungen personenbezogener Daten zulassen? Diesen Fragen müssten wir uns stellen, so Kilian abschließend. An seinen Vortrag schloss sich eine angeregte Diskussion an.