Seminar Filmrecht 2021

Am 02. und 03. März 2021 fanden die Vorträge der Teilnehmer des Seminars Filmrecht unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Hoeren vom ITM-Münster statt. Ein breites Spektrum wirtschaftlicher und rechtlicher Themen zum Spiel- und Dokumentarfilm standen im Vordergrund der ausführlichen Vorträge und anschließenden Diskussionen.

Den Beginn machten zwei Vorträge über den deutschen und globalen Dokumentarfilmmarkt. Neben den wirtschaftlichen Eckdaten wurde insbesondere herausgestellt, dass zumeist einige wenige erfolgreiche Dokumentarfilme für einen Großteil des jeweiligen Jahresumsatzes des gesamten Genres verantwortlich sind. Die vorgestellten Studien zeigten zudem eine große Diskrepanz innerhalb der Besucherverteilung im Vergleich zum jeweiligen Genre. Gerade diejenigen Genere, welche die meisten Filme veröffentlichten, zeigten nur einen geringen Besucheranteil (Gesellschaft, Biografie, Zeitgeschichte). Dem gegenüber stehen Genre (v.a. Natur & Tiere, Musik) die zwar nur wenige Filme veröffentlichen, dafür aber einen großen Besucheranteil verzeichnen. In einem Rechtsvergleichenden Teil wurden zudem die Unterschiede des deutschen, französischen und englischen Urheberrechts dargestellt und hinsichtlich ihrer jeweiligen Vor- und Nachteile für die Produzenten von Dokumentarfilmen untersucht.

Der folgende Vortrag befasste sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen Filme urheberrechtlichen Schutz beanspruchen können. Insbesondere wurde hierbei herausgestellt, inwieweit auch sachliche Dokumentationen – welche durch frühere Rechtsprechung nur eingeschränkten Schutz innehatten – inzwischen vollumfänglich als Filmwerke anerkannt werden können. In einem Ausblick wurde zudem die wachsende Bedeutung von Smartphone-Drehs dargestellt und gezeigt, dass auch solche Aufnahmen urheberrechtlich geschützt werden können.

Am Beispiel eines Fernsehvertrages widmete sich der anschließende Vortrag der AGB-Kontrolle im Filmvertragsrecht. Ein besonderes Augenmerk lag hierbei auf der Frage, inwieweit wesentliche urheberrechtliche Grundsätze durch AGB abweichend geregelt werden können. Zudem wurde eine AGB-rechtliche Beurteilung sog. Total-Buy-Out-Klauseln vorgenommen. Dies betrifft Vertragsklauseln, welche umfassende Rechte gegen eine Pauschalvergütung einräumen – für Urheber jedoch die Gefahr einer unangemessenen Beteilung mit sich bringen. Im Fazit und den anschließenden Diskussionen wurden überdies mögliche Lösungsvorschläge für bestehende Ungleichheiten diskutiert.

Zur Frage, ob bereits eine Filmidee oder erst das fertige Drehbuch urheberrechtlichen geschützt ist, untersuchte der nächste Vortrag die Grundsätze der Ideenfreiheit. Im Anschluss erfolgt die schwierige Abgrenzung zwischen Idee und konkreter Form, sowie die Bedeutung von bereits in der Idee zum Ausdruck kommenden Fabeln und Figuren. Neben dem Urheberrecht wird überdies die Bedeutung des Geschäftsgeheimnisses und Wettbewerbsrechts für den Ideenschutz dargestellt. Zuletzt wurde gezeigt, unter welchen Voraussetzungen fremde Werke die Grundlage für neue Filmideen werden können und welche Änderungen sich hier durch die neue Urheberrechtsrichtlinie ergeben werden.

Filmtitel tragen oft erheblich zum Widererkennungswert eines Filmes bei – umso wichtiger ist es für Produzenten diesen Titel vor Missbrauch zu schützen. Während das Urheberrecht für einen Schutz strenge Anforderungen an Originalität und Gestaltungshöhe stellt, kommt ein Schutz als Marke bereits bei einem geringen Maß an Unterscheidungskraft des Titels in Frage. Der Vortrag geht ausführlich auf die aus den jeweiligen Schutzsystemen resultierenden Abwehrmöglichkeiten ein und stellt das Verhältnis zwischen Urheber- und Markenrecht anhand anschaulicher Beispiele dar.

Vor allem beim Spielfilmen steht das Ziel der Schaffung einer Realitätsillusion im Vordergrund – um dies zu erreichen spielt der Einsatz von Filmmusik eine elementare Rolle. In einem anschaulich präsentierten Vortrag werden die unterschiedlichen Arten der Filmmusik dargestellt und hinsichtlich ihrer dramaturgischen Bedeutung kategorisiert. Doch die Nutzung von Filmmusik geht mit vielen juristischen Fragen einher: Neben dem urheberrechtlichen Schutz der Musik selbst geht der Vortrag auch auf den Einfluss Verwertungsgesellschaften ein. Zuletzt wird das Verhältnis zwischen Film- und Musikurheber – gerade im Bereich neuer Medien – thematisiert.

Die folgenden beiden Vorträge behandelten die komplexe Frage bezüglich der Nutzung fremder Werke und stellten dar, unter welchen Voraussetzung diese in Filme implementiert werden können. Hierzu wird zunächst die besondere Bedeutung des Zitatrechts herausgearbeitet und gezeigt, wie sich dessen Voraussetzungen im Laufe der Zeit durch wegweisende Rechtsprechung verändert. Durch anschauliche Beispiele wird überdies erläutert, welche Zitatzwecke ein Filmzitat rechtfertigen können und in welchem Umfang ein solches Zitat zulässig ist. Der zweite Vortrag stellt die Rechtslage des Remix im Film als besondere Art der Nutzung fremder Werke dar. Der Remix als Oberbegriff umfasst eine Vielzahl verschiedenster Nutzungsformen, welche allesamt einen großen Einfluss auf die Kunstfreiheit haben – gleichzeitig aber auch die Interessen der ursprünglichen Werksurheber berühren. Inwieweit das Urheberrecht hier einen Interessensausgleich schafft, zeigt der Vortrag mit Blick auf die aktuelle Rechtsprechung. Doch auch durch die neue Urheberrechtsrichtlinie (DSM-RL) werden sich hier Änderungen ergeben, welche in einem Ausblick durch den Vergleich mit der bisherigen Rechtslage dargestellt werden.

Gerade Dokumentarfilme zeigen zumeist wahre Begebenheiten, wodurch jedoch oftmals die Lebensumstände natürlicher Personen thematisiert und deren Bildnisse genutzt werden. Der Vortrag untersucht hierzu die Möglichkeiten von Filmurheber, die Persönlichkeitsrechte der dargestellten Personen auch im Film zu wahren. Hierzu werden unter Zugrundelegung der Rechtsprechung Leitlinien erarbeitet, anhand derer die kollidierenden Rechtsgüter in Einklang gebracht und Risiken von Persönlichkeitsrechtsverletzungen minimiert werden können.

Der letzte Vortrag thematisiert technische Schutzmaßnahmen, welche Urheber zur Verhinderung von Urheberrechtsverletzungen ergreifen können. Zunächst wird deren Bedeutung für die Medienwirtschaft dargestellt, bevor die Vorgaben untersucht werden, welche das Urheberrecht an solche Maßnahmen stellt. Im Schwerpunkt widmet sich der Vortrag dem weitreichenden Konflikt zwischen wirtschaftlichen und ideellen Interessen der Urheber auf der einen und den Interessen der Allgemeinheit an freien Informationen, Kunst, Kultur und Wissenschaft auf der anderen Seite.

Die Vorträge sind zu sehen unter https://youtu.be/Ovr_0DCW–g

© Prof. Dr. Thomas Hoeren, ITM™-Münster.